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... dieser Blog erzählt von Schwangerschaft, Geburt und der ersten Zeit mit dem Baby. Er berichtet von Erwartungen und Ängsten, Freude und Schmerz. Er möchte zum Nachdenken, Schmunzeln, Entspannen und Hinspüren anregen. Vielleicht kann er auch die eine oder andere Sehnsucht nach emotionaler Information stillen oder die Wartezeit aufs eigene Baby versüßen. Auf jeden Fall aber möchte er Gefühle und Gedanken weitergeben, Ängste nehmen und das ganze Glück ausdrücken, welches eine Mutter beim Schwangersein, Gebären und Stillen empfinden kann. Eine Geschichte, an der auch noch so viel Emanzipation nichts ändern kann. Zum Glück!

Freitag, 4. Mai 2012

Ach Du liebe Zeit...


da ist er nun, der Moment, den man als Mutter ebenso herbeisehnt wie ganz weit weg wünscht. Das erste Kind weitestgehend unfallfrei so groß gekriegt, dass man es für halbwegs überlebensfähig hält. Morgen wird mein Baby 18. Da ich aber morgen a) alle Hände voll zu tun haben werde und b) meinen Kopf frei haben muss, schreibe ich mir heute schon mal meine wehmütigen Gedanken von der Seele. Heute vor 18 Jahren hatte ich einen dicken Bauch und einen ebenso dicken Sack voller Illusionen im Kopf. Wünsche und Träume. Das meiste kam anders - das Wichtigste aber hab ich geschafft: Das Leben mit meiner Tochter immer genossen, ihr Mutter, Freundin, Seelenmülleimer, gutes und schlechtes Beispiel gewesen. Man fragt sich ja schon: Hab ich ihr alles mitgegeben, was sie braucht? Hat sie genug Bodenhaftung, um nicht abzuheben? Aber hat sie auch alles, um ihre Flügel auszuprobieren? Jemand hat mir gesagt: Du hast ihr MUT beigebracht - das ist das Wichtigste, den Rest muss sie selber lernen! Ja - und ich hab ihr beigebracht, dass man das Leben geniessen muss. Jetzt. Keiner weiss, ob wir eine nächste Chance haben. Ich habe ihr Pragmatismus vorgelebt, Offenheit und Toleranz, eine Spur von Irrsinn und kreativem Chaos, versucht ihr den Unterschied zwischen "da muss man durch" und "das muss man sich nicht antun" zu erklären, ich habe Herzenswärme, Liebe und Eis essen über geputzte Wohnung und gemähten Rasen gestellt. Ich hab ihr gezeigt, dass Frauen tapezieren, Möbel zusammenbauen, Holz stapeln, Wohnmobile bei ebay ersteigern, mit dem Rucksack und dem Zelt nach Wacken fahren, Computer, Handys und ähnliches instalieren können... ich hab ihr aber auch gezeigt, dass man 17 mal über eine dreckige Jeans steigen kann, bis man sie in die Wäsche gibt, dass Fenster erst dann geputzt werden müssen, wenn trotz scheinender Sonne Dauernebel in der Wohnung ist, dass man die Feste feiern muss wie sie fallen, nötigenfalls auf Umzugskisten sitzend, dass Freunde hier immer wilkommen sind und einen Schlafplatz bekommen, auch wenn wir keinen 4-Sterne-Comfort bieten können, dafür aber Katzen, einen warmen Ofen, handgenähte Zudecken, Nudeln oder Milchreis, Kaffee bis zum Umfallen und einen Internet-Zugang. Hier wohnen Gitarren und Bücher, Mittelalterutensilien neben Cowboystiefeln, Tarotkarten und Edelsteine, Heavy-Metal-CDs neben Countrysongs, Kochbücher und Küchenmaschinen aller Art, vom Thermomix bis zum Pizzaofen.
Ich habe versucht deutlich zu machen, dass man seinen Beruf nach seiner Leidenschaft aussuchen sollte, und nicht nach dem Gehalt. Dass man ausprobieren darf und muss und die Wege des Herrn unergründlich sind. Apropos Herr... hier mischt sich evangelischer Konfirmandenunterricht mit buddhistischen Lehren, Esoterik und biologisch belegbarer Evolution... - was nicht tragisch ist. Die absolute Wahrheit kennt ohnehin niemand. Und die schlimmsten sind die, die genau das nicht akzeptieren... aber ich schweife ab...

Sie hat eine ambulante Geburt (wo man der frischgebackenen Mutter das erste Mal Wahnsinn attestierte) Blähungen, Masern und zwei mal Zähnekriegen überlebt, Kindergarten, Grundschule und Reiterhöfe unsicher gemacht, unzählige Urlaube mit ihren Eltern überstanden, die erst an der Auffahrt Fernwald entschieden, ob es nach Oberstdorf im Allgäu oder nach St Peter Ording an der Nordsee gehen sollte, sie lernte Fahrradfahren und Schwimmen, schlug sich das Kinn auf, brach sich den Arm, verlief sich in der Stadt und verpasste den Bus. Sie quälte sich mit Liebeskummer und weiblichem Zickenkrieg, sie lernte Nudeln kochen und Kuchen backen, sie lernte, sich einen Job zu suchen, und Auto zu fahren. Und nun ist sie groß!

Ich bin wehmütig. Aber ich bin auch stolz. Ich habe jeden einzelnen Tag mit ihr genossen! Und wir gehen auch 2050 noch zusammen auf Wacken...

KEEP ON ROCKING, MINE!


Sonntag, 15. April 2012

Samstag, 11. Februar 2012

Nachwort

Dieser Blog ist eine in sich geschlossene Sache. Hier wird nichts mehr dazu kommen, denn all das was ich hier geschrieben habe, ist fast 20 Jahre her. Zwischen damals und heute liegt so viel, dass ich nicht nahtlos anknüpfen kann. Eine Ausbildung zur Hebamme, ein zweites Kind, 13 Jahre Freiberuflichkeit und so viele Erlebnisse, die mein Leben geprägt haben ... aber natürlich werde ich niemals aufhören zu schreiben...

Der Storchenblog
Der Quiltstorch
Meine Metallerseele
Mein Hexenhaus und ich

"Time keeps painting, my Darling..."


Donnerstag, 2. Februar 2012

Eine lange Zeit

und doch so schnell vergangen!

 

  


Auf zu neuen Ufern...

Knapp vier Jahre wohnen wir jetzt hier, ein ganzes mit unserer Jasmin! Unsere Wohnung ist eng geworden. Jasmin, ein kleiner Mensch mit eigenen Gedanken, vielen Spielsachen und Freiheitsdrang bekommt nun ihr erstes eigenes Zimmer. Von nun an wird sie alleine in ihrem Zimmer schlafen. Sie wird nicht mehr wach werden, wenn ich im Stockfinsteren über einen Wäschekorb falle oder wenn Thorsten einen Hustenanfall kriegt. Sie wird aber auch nicht das vertraute Atmen und Reuseln neben sich hören. Sie wird nach einem schlimmen Traum nicht sofort in Mamas Bett fallen können. Vielleicht dauert es einen Augenblick, bis ich sie aus ihrem Zimmer rufen höre. Es sind so viele Abschiede, die man geschehen lassen muss! Das Loslassen beginnt schon mit der Geburt und geht unaufhaltsam weiter. Sie hat bereits ihren eigenen (Dick)-Kopf und bringt mich ganz schön an meine Grenzen. Ich muss akzeptieren, dass wir manchmal nicht einer Meinung sind und wir müssen Kompromisse finden. Sie versteht schon eine Menge von dem was wir sagen, sie isst mit uns am Tisch und ist ein vollwertiges Familienmitglied geworden.Sie kann bereits alleine stehen und wird sicher bald laufen. Wir haben kein Baby mehr! Wir haben ein Kleinkind, das Aufmerksamkeit und Zuwendung, aber auch Vertrauen und Freiheit fordert. Wie schnell wird es gehen, bis sie in den Kindergarten kommt. Wir werden die Zeit geniessen, die wir miteinander leben dürfen, einfach in den Tag hinein, ohne Zwang, ohne Termine!



Die Zimmer werden schon langsam leer. Der Umzug wirft seine Schatten voraus. Die neue Wohnung warte auf uns. Doch ich bin halt nicht so gut im Loslassen. Stand heute in meiner alten Küche. Wieviele Kuchen hab ich dort gebacken, wieviele Sonnenuntergänge beobachtet, wie oft die Tür hinter mir zugemacht, wenn ich traurig oder wütend alleine sein wollte. Wie oft Berge von Abwasch nach unzähligen Partys gespült, wie oft Mittagessen gekocht. Über hundert Postkarten hängen an den Wänden. So liebgewordene Kleinigkeiten. Meine erste eigene Küche - ich werde Dich nie vergessen! Immer diese Heulerei. Da sitze ich am Computer und nehme Abschied. Im Wohnzimmer samt Balkon, mit Blick auf den Grillplatz. Ob wir noch ein bisschen dazugehören werden? Wir ziehen ja nur ein Haus weiter. Ja, der Balkon, so viel Wäsche aufgehängt, besonders als das Baby ganz frisch war. Die Sommerabendluft noch in der Nase. Im Wohnzimmer die Erinnerung an den ersten Abend hier im Haus, in der ersten eigenen Wohnung mit Liane und Schera, an große Feten und den ersten Morgen mit Jasmin. Erleichtert und glücklich und müde auf der Couch. Die gemütliche Ecke wo der PC steht, an dem ich unzählige Stunden verbracht habe. Unser Schlafzimmer. Gedanken an Liebe und Ruhe. Hier haben wir Jasmin 'gemacht'! Hier haben wir Nächte durchwacht, sie in den Schlaf gewiegt, Hier hab ich mit ihr geweint, wenn wir alle nicht mehr konnten... und dann konnten wir doch! Und dann noch das Bad, in dem ich mich ach so oft hübsch gemacht habe, meinen wachsenden Bauch und später die Schwangerschaftsstreifen betrachtet habe.
Ja, das ist alles vorbei! Es geht weiter! Anders! Wir drei sind sehr dankbar für diese Räume, in die wir uns wann immer wir wollten zurückziehen konnten. Dankbar für all das Schöne und auch manchmal Schwierige. Dankbar für die neue Chance, als richtige Familie in die neue Wohnung einzuziehen!

Morgen gehts los!

Kopf hoch

Am Anfang scheint es, als könnte dieses kleine Bündel sich niemals so bewegen wie es selber möchte. Arme und Beine bewegen sich in einem eigenen Rhythmus und die Händchen schließen sich reflexartig um alles, was man ihnen hinhält. Doch schon bald wirft das Baby eigenständig sein Köpfchen hin und her, versucht schon, den Kopf zu heben und oben zu halten. Man kann direkt sehen, wie es sich anstrengen muss. Doch irgendwann is's geschafft. Der Kopf ist gar nicht mehr so schwer. Der nächste große Abschnitt kommt, sobald die erste Drehung vollbracht ist. Die ruhigen Zeiten, wo man das Baby auf der Wickelkommode oder auf dem Sofa parken konnte, sind endgültig vorbei! Es wird gekugelt und gerobbt! Das Baby erweitert seinen Aktionsradius! Alles in seiner Nähe wird angefasst, begriffen, abgelutscht. Es tritt aktiv in die Welt der Erwachsenen ein. Und um den 7. Monat sieht man, wie es versucht, das Hinterteil hochzustemmen. Es will krabbeln, sich fortbewegen, mobil sein. Jetzt heißt es, die Wohnung kindersicher machen.
Steckdosen sichern, keine überhängenden Tischdecken, weg mit den Hydrokultursteinchen, Putzmittel und Porzellan nach oben stellen und so fort. Mit dem Krabbeln lernt das Baby meist auch das Sitzen und das Sich-Hochziehen! Und das bedeutet für mich das Ende der Babyzeit. Unser Kleinkind wird sicher bald laufen!

Das Stillen

Da ich mich ja zügigst aus dem Krankenhaus abgemacht hatte, belief sich meine Weisheit über das Stillen auf das Stillbuch von Hannah Lothrop (sehr gut im übrigen). Kaum zu Hause angekommen, legte ich Jasmin an. Eine große Tasse Milchbildungstee und eine Flasche Malzbier standen auf dem Tisch. An der rechten Brust saugte Jasmin von Anfang an hervorragend. An der linken brauchte sie oft mehrere Anläufe, bis sie die Brustwarze gepackt hatte. Nach drei Tagen klappte links gar nix mehr. Die Milch war eingeschossen und die linke Brust war so prall, dass die Brustwarze kaum noch hervorstand. Dieser Tag traf ungünstigerweise mit einem so großen Hormonumschwung zusammen, dass ich das große Heulen bekam. Da sass ich mit einer vollen Brust, und konnte meinem Kind doch nichts geben. Ob ich das überhaupt alles richtig machte? Thorsten fuhr in die Apotheke und besorgte eine Gummiball-Milchpumpe und Stillhütchen. Versuch eins mit dem Brusthütchen: Es war völlig inkompatibel mit meiner Brust, saugte sich nicht fest und war überhaupt ne blöde Methode. Auf telefonischen Rat der Hebamme pumpte ich Milch ab, aber es kam kaum etwas. Ich fühlte mich als hätten sich meine Milchgänge verknotet. Langsam aber sicher wurde meine Brust heiss und hart. Ich vertiefte mich noch mal in das Stillbuch und fand einen genialen Tip. Legen Sie sich in die Badewanne und brausen Sie die volle Brust mit warmem Wasser ab. Dann streichen Sie mit der Hand die überschüssige Milch aus. Ha - Ausstreichen, das war's! Und wie, bitte, sollte das gehen?
Nach einigen unbeholfenen Versuchen hatte ichs raus und meine Milch spritze ohne Übertreibung 20 cm hoch. Nach unendlichen Mengen fühlte sich die Geschichte schon wesentlich besser an. Als Jasmin das nächste mal wach wurde, legte ich sie sofort an - und siehe da: Sie trank udn trank und trank.
Tja, jetzt, drei Monate nachdem ich abgestillt habe, wünsche ich mir die Zeit schon manchmal zurück. Die Gefühle und die Sache an sich. War doch superpraktisch. Wann und wo auch immer die kleine Maus Hunger oder Durst hatte, wir hatten alles dabei. Vor allen Dingen auch die nötige Portion Mut und das Selbstbewusstsein, im Falle eines Falles auch im Park, im Bus oder im Restaurant zu stillen. Wir haben's genossen!
Besonders schön war auch, wenn Jasmin ihr Nachtmahl gegen 22.00 Uhr einnahm, zusammen einzuschlafen. In unser großes Stillkissen eingekuschelt, saugte sie rhythmisch und begierig, bis sie satt und müde wurde. Oft bin ich sicherlich schon vor ihr eingeschlafen. Meist lagen wir so bis zur nächsten Mahlzeit. Jasmin wurde über 4 Monate voll gestillt. Die letzte Stillmahlzeit fand statt am 5.1.95, als sie genau 8 Monate alt war. Ich stillte zu dem Zeitpunkt nur noch ein bis zwei Mal, meist abends zum Einschlafen oder nachts. Bis zu dem Punkt, wo sie entschieden den Kopf wegdrehte. Ich versuchte noch ein paar Mal sie anzulegen, doch sie war sich sicher. Das wars! Nach etwas mehr als zwei Wochen machte ich die Probe aufs Exempel! Unglaublich aber wahr... meine Tochter wusste von nix mehr. Keine blasse Ahnung, wozu diese Milchbeutel gut waren. Vielen Dank für diese Zeit!

Mittwoch, 1. Februar 2012

Samstag abend ... Januar 1995

Thorsten ist Eishockey spielen. Wird spät werden. Jasmin und ich haben gerade zu Abend gegessen und gehen noch mal ein Stockwerk tiefer. Mal hören was da heute abgeht. Vielleicht gucken die Video. Da könnte man mit dem Babyphon in der Tasche sogar beiwohnen. Fehlanzeige, die gesamte Clique hat sich im Wohnzimmer versammelt und diskutiert lautstark, wo's heute hingehen soll. Bowlen oder Disco? Griechisch essen oder ins Bistro? Sauna oder Kino? Nach ewigem Hin- und Her eine Einigung. Erst ins Bistro, dann Disco. Jacken werden angezogen, Schlüssel gesucht und los. So. Jetzt sind wir alleine. Jasmin läßt sich anstandslos ins Bett bringen. Ich hab Zeit zum Nachdenken. Kein abendliches Squash-Match mit Thorsten, keine Disco, keine Bodega, kein gemütliches Schwätzchen bei Annette, kein Kino, kein Theater, ...! Jedenfalls nicht spontan.
Alle Aktivitäten müssen geplant sein. Schläft das Baby bei den Großeltern oder kommt es mit? Ordern wir einen Babysitter oder ist es momentan zu quäkig, um es jemandem zuzumuten? Falls das Baby auswärts schlafen soll, Wickeltasche packen, Brei oder Fläschchen vorbereiten, Telefonnummer hinterlegen und so weiter (NIX HANDY - Anmerkung der Red.)
Tja Hausfrau und Mutter. Da hast Du was Du wolltest.  'Ich habe meinen Spaß schon gehabt. Ich glaube nicht dass mir was fehlen wird, wenn ich ein Baby habe!' Große schlaue Sprüche. Jetzt sitz ich hier und bin ein wenig traurig. Alleine. Aus dem Schlafzimmer leises Weinen. Lauter werdend. Hilfloses Schreien. Ich gehe hinein. Das Baby steht im Bettchen, eine Hand am Gitter, die andere reibt die Äuglein. Tränennasse Wangen, strubblige Haare. Strahlendes Lächeln als es mich sieht. Es streckt die Ärmchen nach mir aus. Ich nehme es hoch und es schmiegt sich noch schlafwarm an mich. Eine kleine warme feuchte Hand fährt mir durchs Haar, will sich festhalten. Es ist noch so klein, einsam, kann sich nicht recht mitteilen, sucht Sicherheit und Nähe, Aufmerksamkeit und Liebe, Zuwendung und Hilfe. Vielleicht hat es schlecht geträumt? Ich bin froh, jetzt für es da zu sein!




Jeden Tag ein kleiner Abschied

Erst 'eins' gewesen - lange Zeit
im Moment des höchsten Gefühls
getrennt - wieder allein.

Ich geniesse Dein Saugen an meiner Brust.
Möchte nicht missen die Stunden
in der Dunkelheit der Sommernächte,
in denen wir uns Geborgenheit und Wärme gaben.
Meine Fähigkeit, Dich zu trösten und zu nähren,
möchte nicht missen Deine suchenden,
schmatzenden Bewegungen nach der
immersprudelnden Quelle in mir,
möchte nicht missen unsere Abhängigkeit,
die den Sommer überdauerte,
unser inniges Gefühl 
des gegenseitigen Verstehens,
bin froh, es erlebt zu haben,
denn mit der Zeit wird es weniger.
Du hast nun andere Interessen,
magst sitzen, schauen, alles mitkriegen.
Hast die Ruhe zum Schmusen nur noch nachts.
Bist schon so sehr Du selbst geworden.
Ich lasse Dich los!



Hallooo, ich möchte auch mal was sagen...

Ich bin jetzt schon fast 6 Monate auf dieser Welt. Und ebenso lange heisse ich Jasmin. Meine Eltern fanden, dass das ein schöner Name für ein Mädchen wie mich ist. Ich bin ganz zufrieden damit. Solange ich nicht Elfriede oder Alma heissen muss, ist es ok. 
Viele Erwachsene meinen, dass ein Menschlein in meinem Alter noch überwiegend zu schlafen und zu essen hat, aber meine Eltern und ich sind da anderer Meinung. Vielleicht mag es den Anschein haben, dass ich wirklich den lieben langen tag nix auf die Reihe krieg und oft einfach nur herumliege. Das ist natürlich nur äußerlich. Ich kann ja mal erzählen, was ich heute so getrieben habe. 
Also, der erste Hammer war schon mal heute Nacht, dass ich ganz schrecklich von einer leeren Brust geträumt habe. Ich saugte und saugte und saugte, aber es kam nix. Am Ende war ich so verzweifelt, dass ich furchtbar laut nach meiner Mami gerufen habe. Naja, gerufen ist vielleicht nicht ganz korrekt, ich hab eigentlich mehr geweint und geschrien, als wolle mir wer ans Leben. Zum Glück hat meine Mama mich gleich gehört und hat mich zu sich ins Bett geholt. Das war sehr kuschlig, zumal meine Mama derzeit in etwas schläft, was "Satää" heißt, ich glaube man schreibt es S-A-T-I-N oder so. Auf jeden Fall hat sie mich ganz feste gedrückt und liebgehabt, so dass es mir schon ein bisschen besser ging. Aber wenn man so arg geträumt hat, kann man nicht sofort mit dem Weinen aufhören. Also hat meine Mama mir meine Lieblingsbrust gegeben, damit ich selbst nachschauen konnte, ob noch was drin ist. Ich hab dann gesaugt und zum Glück war sie prallvoll mit Milch, wie fast immer. Wo ich gerade so schön dabei war, hab ich ein paar grosse Schlucke getrunken, obwohl ich nachts eigentlich nie Hunger habe. Naja, Ausnahmen muss es immer geben. 
Dann konnte ich aber gar nicht so recht wieder einschlafen, ich glaube es war so gegen halb fünf. Meine Mama hatte mich zuerst auf ihrem Bauch liegen, aber wenn ich da liege, kann ich nicht schlafen. Ich mag dann viel lieber spielen und ihr in den Haaren wuscheln. Das mag meine Mama aber morgens um halb fünf gar nicht so gerne. Also hat sie mich wieder zurück in mein Bettchen gelegt, zugedeckt und wollte selber wieder schlafen. Ich war auch kurz ruhig, weil ja eigentlich alles in Ordnung war, aber dann plötzlich fühlte ich mich soooo alleine. Mein Bettchen ist ja schon ziemlich groß und ich bin noch ziemlich klein, kam mir auf jeden Fall recht verloren vor. Also machte ich mich auf den Weg in die rechte obere Ecke des Bettes um mich da anzuschmiegen und mich ein bisschen wie in Mamas Bauch zu fühlen. Da ich aber wie gesagt erst fünf Monate alt bin, ist es für mich eine riesige Anstrengung so weit zu robben. Ich schnaufte und stöhnte, aber weil ich so müde war, klappte irgendwie gar nix. Puuuh, und weil ich ein kleiner Stier bin, wurde ich ganz furchtbar zornig. Meine Mama kann nicht schlafen wenn ich zornig bin. Soll sie übrigens auch nicht, weil sie mir ja helfen muss. Sie hat mich dann an den Rand des Bettchens gelegt, ein weiteres Mal zugedeckt und ihre Hand auf meinem Rücken liegen lassen. Dann wurde ich ganz sanft gestreichelt und hörte Mamas leise Stimme ... "Weisst Du wieviel Sternlein stehen..." ... und dann bin ich doch tatsächlich wieder eingeschlafen!
So viel Arbeit, obwohl der Tag noch gar nicht angefangen hatte.
Wieder aufgewacht bin ich um acht, aus gutem Grund. Ich hatte nämlich Frühstückshunger. Zum Glück war meine Mama schon wach. Der Frühstückstisch war bereits gedeckt, will sagen, meine Mama räkelte sich nackig im Bett. Wir brauchten nur noch ein Spucktuch als Serviette ausbreiten und los ging's. Mhmmm guuut!
Nach dem Frühstück wollte ich spielen. Flieger und Hopsen und so schöne Spiele die im Bauch kribbeln. Normalerweise macht das ja mein Papa mit mir, aber der war leider nicht da. Schon viele Tage nicht. Fünf oder so. Eishockey trainieren, hat er mir vorher gesagt, will er. In der Tschechei, wo immer das auch ist. Na, auf jeden Fall musste meine Mama mit mir Flieger spielen. War ganz nett, aber so gute Sturzflüge und Loopings und Schleifen wie der Papa kriegt sie nicht hin. Sie hat keinen Pilotenschein, sagt sie. Sie sei mehr für die Bordküche zuständig.
Na gut, dann sind wir aufgestanden. Ab auf den Wickeltisch. Ich hatte nämlich schon seit nachts irgendwann einen großen Stinker in der Hose. Und Pipi auch, aber das ist ja nicht so schlimm, das saugt ja die Windel auf. Meiner Mama macht es nix aus, meinen Popo sauber zu machen. Meinem Papa schon ein bisschen, glaube ich. Aber er macht es trotzdem oft wenn er zu Hause ist.
Auf  jeden Fall wollte meine Mama mich dann anziehen, ich mag aber viel lieber nackig rumstrampeln, ohne Windel und Hose und Hemdchen und vor allen Dingen ohne Socken. Ich schaffe es eigentlich immer recht schnell, meine Socken loszuwerden. Ich ziehe einfach kräftig vorne an der Spitze und ruck zuck sind sie weg. Einen haben wir mitten in Grünberg verloren, ich musste dann einseitig besockt nach Hause fahren.
Naja, über kurz oder lang schafft meine Mama es immer, mir irgendwelche Textilien überzuziehen. Ist ja auch schön warm, aber ein bisschen Spaß will man dabei ja schliesslich haben.
Dann ging's weiter. Mama wollte sich auch anziehen. Ich hingegen wollte spielen. Wie eigentlich jeden Morgen. Wir finden dann Kompromisse. Manchmal holt Mama all ihre Sachen ins Wohnzimmer, wo ich spiele, und macht zwischendurch lustige Späße mit mir. Es dauert zwar alles ein bisschen länger, aber dafür bin ich in der Regel ein sehr zufriedenes Baby.
Als wir dann glücklich alle angezogen waren, ging es wirklich los: Frühstück mit der Krabbelgruppe in Großen-Linden. Ganz viele Babys und Mamas kommen dorthin. Wir Babys sorgen dafür, dass sie nicht ganz so viele Brötchen essen. Manche Babys weinen wenn sie mal einen Augenblick alleine spielen sollen. Ich meistens nicht, weil meine Mama ja ganz in der Nähe ist. Heute hab ich mit Jacqueline Händchen gehalteb, dann sind wir beide eingeschlafen. Das war schön. 
Aber mein Vormittagsnickerchen ist immer nur ungefähr eine halbe Stunde lang und als ich aufwachte, waren die Mamas immer noch am Frühstücken. Jetzt wollte ich doch nicht länger auf meiner Decke liegen und hab nach meiner Mama gerufen. Sie hat mich dann an den Tisch geholt und auf ihren Schoß gesetzt. Ich kanns ja gar nicht so gut haben, wenn alle am Tisch was essen, bloß ich nicht. Meine Mama hat mir dann ein Stück Brötchen in die Hand gegeben, an dem ich herumlutschen konnte. Viel hab ich nicht runterschlucken können, weil eigentlich alles in meiner Hand zermatscht ist, aber Spaß hat's trotzdem gemacht.
Nach dem Frühstück sind wir zu meiner Oma nach Giessen an die Arbeit gefahren. Die wollte nämlich mit meiner Mama und mir in etwas gehen, wo man sein Essen mit Stäbchen isst. Naja, jedem das Seine, ich bevorzuge da doch eine kuschlige Brust oder zumindest einen Löffel. Ich saß in meinem Sportwagen und hatte mein Kuscheltier in beiden Händen. Es war recht gemütlich,  aber so langsam regte sich in meinem Bauch ein echtes Hungergefühl. Zum Glück ist meine Mama auf solche Situationen vorbereitet und packte auch gleich ein Gläschen mit Karotte-Kartoffel-Brei aus. Wunderbar! Als ich endlich satt war, konnte sich meine Mama ihrem Stäbchen-Essen zuwenden. Oma Lilo hatte schon gegessen und somit Zeit mit mir zu spielen. Oma verwöhnt mich gern ein bisschen. Sie hopst mich hoch in die Luft, spielt mit mir und meinen Stofftieren. Sie kocht mir Gemüsebrei und Tee. 27 Sorten wenns sein muss. Ich mag das wenn sie sich so um mich kümmert. Alle kümmern sich übrigens rührend um mich. Mir geht's schon echt gut!
Als wir nach dem Essen wieder im Auto saßen, bin ich ganz plötzlich arg müde geworden. In meinem Autositz schläft es sich ja ganz prima, und so nutzte ich die Gelegenheit, mein Nachmittags-Nickerchen zu beginnen. Aufgewacht bin ich später in meinem Bettchen. Mama muss mich da irgendwann hingetragen haben. Na, auf jeden Fall war ich dann wieder fit und ausgeruht.Genau richtig fürs Babyschwimmen. Mama hatte schon alles gepackt und los ging's. Im Schwimmbad ist es immer mächtig warm. Dort darf ich ganz nackig sein, ohne dass eine Oma oder Uroma sagt, ich würd mir die Ohren verkühlen oder ohne Socken kalte Füße und einen Schnupfen bekommen. Alle Babys haben nur ein Frotteehöschen an, nicht mal ne Windel. Das ist echt crazy. Und dann geht's ab in die Fluten. Ich mag Wasser sehr gerne und freue mich jedes mal wieder, wenn ich auf Mamas Arm ins große Becken darf. Das ist viel besser als unsere Badewanne zu Hause. Manche Babys weinen, wenn sie nur die Zehen ins Wasser stecken sollen. Versteh das nicht, die haben doch auch alle ihre Mamas dabei. Nach einer halben Stunde mussten wir leider wieder raus, weil die nächste Portion Babys eingetroffen war. Aber andrerseits war das auch gut so, denn viel Wasser macht auch viel Hunger. Mama zog mich wieder an (diese Geschichte kennen wir noch vom morgendlichen Anziehen) und stillte mich ausführlich. Nach dem Schwimmen bin ich auch immer ziemlich müde, also im Auto Augen zu und gepennt. Im Auto schlafe ich immer besonders gut. Das schuckelt so schön. Wenn ich mal nicht schlafen kann, müßten Papa und Mama eigentlich nur eine Runde um den Block mit mir fahren. Aber so weit ist es noch nicht gekommen ;)
Als ichzu Hause wieder aufwachte, befand ich mich auf meiner Krabbeldecke und mein Opa Uli war da. Der ist sehr lustig. Meine Mama hatte ihn wohl engagiert, weil sie noch mit Beja hopsen gehen wollte. Wegen ihrer Figur, sagt sie. Sie hätte einen Schlabberbauch und breite Hüften bekommen, seit ich auf der Welt bin. Aber sie wollte es ja nicht anders.
Mein Opa und ich können sehr schön miteinander spielen. Wir merkten gar nicht, wie die Zeit verging, bis mir der Opa nur mal so zur Probe einen Finger in die Windel steckte. Oh-oh! Ganz schnell wickeln! meinte er! Ich war ja im Zweifel, ob wir bei der Portion nicht lieber warten sollten bis die Mama wiederkam, aber Opa meinte, es würde schon gehen. Als ich gerade ausgepackt und ziemlich beschissen auf der Wickelkommode lag, hört ich einen Schlüssel im Schlüsselloch. Ha, da kommt ja die Mama, dachte ich, gerade noch rechtzeitig. Aber als die Mama ins Bad kam, stellte ich fest, dass sie gar nicht die Mama war. Es war nämlich mein Papa, den ich sooo lange nicht gesehen hatte. Ich lachte ihn an, weil ich mich so über ihn freute. Aber dann erst wurde mir bewusst, wie sehr ich ihn vermisst hatte. Ich konnte mich nicht zusammenreissen, ich musste ihn einfach mal richtig anbrüllen. Hoffentlich hat er mir das nicht überl genommen. Kurz darauf traf auch meine Mama wieder ein, die mich mit allem drum und dran bettfertig machte. Schlafanzug, Haare kämmen, Gesicht eincremen, Vitamin-D-Tablette einnehmen und so fort. Puuuh, ich war ganz schön froh, als es jetzt in die Heia ging. Mama legte sich in ihr Bett und ich durfte mich nach diesem anstrengenden Tag so richtig gemütlich an ihre Brust kuscheln. Beim Nuckeln bin ich eingeschlafen und hab gerade noch mitgekriegt, wie Mama mich in mein Bettchen gelegt hat. So ein schöner, erlebnisreicher Tag. Gute Nacht!





Jasmin Becker, Herbst 1994 - (meine Mama hat's für mich aufgeschrieben)


Blick in den Spiegel

Mein Bauch ist leer und weich,
so weich, dass ihm jegliche Form fehlt.
Viele rot-blaue Streifen ziehen sich
vom Nabel bis hinunter zu den Oberschenkeln.
Auf meinen Hüften sitzt der Speck,
den ich vor der Schwangerschaft 
mühsam losgeworden war.


An den Beinen zeigt sich 
das eine oder andere Krampfäderchen.
Meine Brüste sind geschwollen und empfindlich,
oft laufen sie aus.
Meine Scheide hat eine Narbe,
ist weit und gedehnt.
Meine Haut zeigt seit der Geburt wieder
mehr Pickelchen und Unreinheiten.


Oft stehen mir beim Blick in den Spiegel
Tränen in den Augen.
Dann schäme ich mich vor mir.


Der Bauch, der mein Kind getragen hat,
die Scheide, durch die es geboren wurde,
die Brüste, die es nähren -
verdienen sie nicht liebevolle Blicke?!

Nach-Schwangerschaft...

Endlich vorbei-
der dicke Bauch,
die Unbeweglichkeit,

das Kreuzweh,
das nächtliche Aufs-Klo-gehen,
die Angst vor der Geburt.


Vorbei aber auch -
die Rücksichtnahme der anderen,
im Mittelpunkt des Interesses zu stehen,
Liebe für zwei zu bekommen,
die Fragen, wie es mir geht,
die Zweisamkeit mit meinem Kind,
die Bewegungen, die nur mir gehören,
das Alibi für mein Gewicht,
die Zeit allein für mich.


Vorbei - die Schwangerschaft!
Vorbei - eine wunderschöne Zeit.


Was kommt, ist die Zeit mit Jasmin!
Es könnte nicht besser kommen!

Eines Nachts.... 5.5.1994

war es so weit. Ich hatte gerade noch Wäsche aufgehängt und war dabei die Chinchillas zu füttern, als ich etwas Nasses zwischen den Beinen spürte. Mein Herz fing tierisch an zu klopfen. Ich lief ins Bad, wo mein Mann auf die Tierchen aufpasste, und kriegte vor Aufregung kaum ein Wort raus. "Ich ... ehm... ich glaub mir ist die Fruchtblase geplatzt...!?!?"

Ich machte mich ab ins Schlafzimmer, um in irgendwelchen schlauen Büchern den weiteren Ablauf nachzulesen. Ab ins Krankenhaus, hiess es da. Während ich noch überlegte, was wir noch mitnehmen müssen, fing Thorsten die Chinchillas in Rekordzeit. Dann packte er auf mein Geheiß einiges zusammen und los gings. 
0.14 h - wir fuhren durch strömenden Regen. Ich zitterte am ganzen Körper. Vor Angst, Aufregung und Freude! Thorsten hielt meine Hand, während wir durch Giessen düsten. In meinem Kopf ging alles durcheinander. Was würde jetzt mit uns passieren, hatten wir genug Kraft, das durchzustehen? Ich legte die Hände auf meinen Bauch und fühlte Jasmin strampeln. Noch einmal dieses Gefühl geniessen! So ganz ehrlich gesagt, hatte ich mächtig Schiss vor all dem, was da jetzt kommen sollte.


Gegen 0.30 h waren wir am evangelischen Krankenhaus und noch immer regnete es. Thorsten fuhr kurzerhand zum Krankenwageneingang, wo er erst mal eine fahrbare Liege organisierte. Wir liessen Koffer und Tasche im Auto und ich liess mich durch die schummrigen Gänge des nächtlichen Krankenhauses fahren. Mit dem Aufzug in den ersten Stock, bis direkt vor die Kreisssaaltür. Noch immer war ich mächtig aufgeregt. Eine Frau mit kurzen dunkeln Haaren öffnete und stellte sich als diensthabende Hebamme Melanie Wiegand vor. Sie fragte uns ein paar wichtige Dinge, wie errechneter Geburtstermin, ob erstes Kind und wann der Blasensprung gewesen sei.
Dann musste ich mich in dem weniger schönen der beiden Kreisssäle aufs Kreissbett legen und es wurde ein CTG geschrieben. Eigentlich verspürte ich noch keine Wehen, aber das Gerät meinte, da wäre schon was. Die Hebamme und eine Ärztin untersuchten mich und stellten fest, dass die Fruchtblase nicht geplatzt sondern nur irgendwo gerissen war. Der Muttermund war erstaunlicherweise bereits 3-4 cm geöffnet, ohne dass ich eine Wehe gespürt hatte.


Dann erklärte uns die Hebamme, dass eigentlich gar keine Betten mehr frei seien auf Station und ob sie mich in die Frauenklinik oder ins St. Josefs-Krankenhaus verlegen sollten.
Da ich aber meine Geburtsvorbereitung wohlweislich im Evangelischen gemacht hatte, wollte ich auf jeden Fall dort entbinden. Das haben wir ihr dann auch nachdrücklich klar gemacht. Wenn alles gut wäre, würden wir eben gleich nach Hause gehen. Ambulante Entbindung also. Sollten irgendwelche Komplikationen auftreten, könnte ich ein Bett im Aufenthaltsraum haben. Na dann.

Während das CTG weiter meine Wehen aufzeichnete, die ich nicht spürte, holte Thorsten unsere Sachen aus dem Auto. Langsam wurde ich wieder ein bisschen ruhiger. Und mit der Ruhe spürte ich jetzt auch leichte Wehen, an denen ich die geübte Atemtechnik - durch die Nase ein und durch den Mund aus (wie innovativ) testen konnte. Thorsten und ich konnten uns zwischen den Wehen noch angeregt unterhalten. Die Hebamme und die Ärztin waren im anderen Kreisssaal zugange, wo eine Frau gerade mitten in der Endphase der Geburt steckte. Sie weinte und stöhnte und mir rutschte das Herz in die Hose. Jetzt packte mich doch ein wenig die Panik. Der Gedanke, in wenigen Stunden auch solche Schmerzen zu haben, war doch nicht so angenehm.  


Gegen 2 Uhr kam die Hebamme, untersuchte mich wieder und meinte: "Na, dann kriegen Sie heute Nacht Ihr Kind!" Das war so endgültig. Bis dahin hatte ich noch mit dem Gedanken gespielt, evtl noch mal nach Hause zu fahren. Aber es sollte jetzt wohl so weit sein.
"So, gehen Sie mal mit Ihrem Mann spazieren und seien Sie gegen halb vier wieder hier!" Ich hievte mich und meinen dicken Bauch von dem Kreissbett und wir gingen spazieren. Treppen runter und wieder hoch, Gänge entlang, in die Eingangshalle, in die Kapelle des Krankenhauses. Dort vor dem Kreuz kamen mir die ersten Tränchen. Nach ein paar Augenblicken der Stille gings mit den Wehen richtig los. Wir mussten zusehen, dass wir immer, wenn eine Wehe anfing, an einer Stelle waren, wo ich mich abstützen konnte. Also Stühle, Pfosten oder ähnliches. Thorsten massierte mir den schmerzenden Rücken. Zum Glück hat man zwischen den Wehen immer einige Zeit sich zu erholen. Um halb vier trafen wir pünktlich im Kreisssaal ein, wo die Hebamme mich wieder untersuchte, was übrigens schmerzhafter war als sämtliche Wehen. Der Muttermund hatte sich weiter geöffnet. Etwa 5-6 cm jetzt. "Wunderbar!" meinte die Hebamme und schaltete das CTG-Gerät wieder ein. Jetzt musste ich mit den Wehen im Liegen fertig werden. Thorsten saß neben mir auf einem Stuhl und nickte ab und zu ein wenig ein. Auch ich döste zwischen den Wehen vor mich hin. Die Herzfrequenz unseres Babys war über das CTG deutlich zu hören. Ein gleichmäßiges, ruhiges Pochen, was mir Kraft gab. 


So gegen viertel nach vier schaute die Hebamme herein, sah sich das CTG an und schickte uns wieder spazieren. "Bis viertel nach fünf!" Und tschüß! Wir liefen wieder auf und ab, kreuz und quer, mal nach draussen, wo es noch immer stockfinster und mächtig nass war. Ich war während der letzten Zeit doch ein wenig ins Schwitzen gekommen und es tat gut, den Regen im Gesicht zu spüren.  Trotz der stärker werdenden Schmerzen war eine wirklich gute Stimmung zwischen uns dreien. Ich genoss das gefühl, unser Kind noch im Bauch zu tragen. Wir redeten mit Jasmin, streichelten sie. Die ganze Atmosphäre des nächtlichen Krankenhauses war beruhigend und sanft. Und ganz besonders. Quasi ein mentaler Ausnahmezustand. Ich kann es noch so gut fühlen, aber in Gedanken ist es schon weit weg. Der menschliche Körper schüttet bei starken Schmerzen körpereigene Endorphine, also Schmerzmittel, aus, die sich auch auf das Bewusstsein auswirken. Irgendwie fühlte ich mich ein wenig high. 


So eine Stunde zieht sich einerseits, aber andrerseits ist sie im Nachhinein betrachtet, ruckzuck vorbei. Und man spürt, dass man dem eigentlichen Kern der Sache mit jeder Wehe ein Stück näher kommt. Wie dieser Kern aussieht, wußte ich da auch noch nicht. Um Viertel nach fünf gabs die nächste Untersuchung. 7-8 cm.


Das Kreisssaalfenster war offen. Kühle Morgenluft wehte herein. Es war noch dämmrig, doch die Amseln begannen zu zwitschern. Das war ein Moment, den ich wohl nie vergessen werde. Diese Ruhe und Kraft der Natur, die in diesem Augenblick auf mich wirkte, möchte ich in meinem Herzen festhalten. 


Ich hatte jetzt die freie Auswahl zwischen einem weiteren Spaziergang, einem Einlauf (herzlichen Dank), einem Bett und einem heissen Bad. So n heisses Bad käme schon gut. Vorher bekam ich noch ein entspannendes Zäpfchen und ab gings in die Wanne. Die Hebamme bot uns an, das Radio mitzunehmen, und so genossen wir Pop & Weck auf hr3. Thorsten legte sich auf die äußerst praktische Liege im badezimmer und nahm eine Mütze Schlaf. Wir waren jetzt immerhin 24 Stunden wach. Das warme Wasser regte die Wehen an und so ging es in meiner Wann recht bald ziemlich rund. Ich atmete und schniefte und schnaufte. Ich möchte nicht wissen, wieviele Liter Luft ich in dieser Nacht durch die Gegend geatmet habe. Inzwischen spürte ich die Wehen nicht nehr so sehr im Bauch sondern als dumpfe tritte im unteren Rücken. Trotzdem war es mir möglich, in den Wehenpausen ein wenig zu schlafen und völlig zu entspannen. Nicht an die nächste Wehe denken, denn das macht Angst und verkrampft. Einfach kommen lassen. 


Nach etwa eineinhalb Stunden entschloss ich mich, die Wanne zu verlassen. Ich zog mir ein T-Shirt und ein paar Socken an und wir gingen wieder in der Kreisssaal. Tastbefund der Hebamme: 9-10 cm, Fruchtblase aber immer noch nicht geplatzt. "Dann machen wir sie eben auf!" sagte sie, holte dicke Zellstoffunterlagen und ein langes spitzes Instrument. Ich bekam das grosse Zittern. "Keine Panik, das tut nicht weh!" Wer's glaubt, dachte ich mir, machte aber dann doch die Beine breit. Es tat in der Tat nicht weh, aber das Gefühl, wenn da unten unkontrollierbar Wasser rausläuft, ist schon gar seltsam. Und dann ging's richtig los. Thorsten sass neben mir. Die Hebamme hatte mich bereits auf die Seite gelegt, damit das Köpfchen sich besser in den Beckeneingang hineindrehen konnte, und war wieder gegangen. Die Wehen kamen jetzt kurz hintereinander und ziemlich heftig. Thorsten erinnerte mich immer wieder, durch die Nase zu atmen, aber ich kriegte es irgendwie nicht so auf die Reihe. Ich schnaufte und stöhnte und schnappte nach Luft. 


Und plötzlich war da eine Wehe, die anders war als alle vorherigen. Die erste Presswehe. Keiner konnte mir das gefühl vorher beschreiben und ich kann es wohl auch nur unzureichend. Ich bekam es mächtig mit der Angst und liess in dem Moment meinen ersten unterdrückten Schrei los. Ich fühlte einen wahnsinnigen Krampf im gesamten Beckenbereich, musste einfach mitdrücken und konnte nicht mehr aufhören. Mein Körper machte was wr wollte und was richtig war. Mein Wille war völlig ausgeschaltet, meine Gedanken total weg. Ich fühlte nach dieser ersten Presswehe riesigen Durst. Thorsten gab mir einen nassen Waschlappen zum Aussaugen und wischte mir die Stirn ab. Inzwischen war die Hebamme samt einer Ärztin im Kreisssaal eingetroffen. "So, dann wollen wir mal!" Sie schaltete die Wärmelampe über dem Wickeltisch ein. Land in Sicht!


Die Hebamme stand rechts und die Ärztin links vom Bett. Ich sollte mich jetzt auf den Rücken drehen, mich halb aufrecht hinsetzen und konnte meine Beine gegen die Hüften der beiden stemmen. Thorsten hielt meine Hand und so erwarteten wir die nächste Wehe, die nicht lange auf sich warten liess. Ich war völlig weggetreten, machte nurnoch mechanisch, was man mir sagte. Und Luft holen und Kopf auf die Brust und schieben, und austamen, und noch mal Luft holen und feste feste pressen. Und nochmal...! Ich hatte kein Gefühl dafür, ob sich da unten was tat oder nicht. Ob ich in die richtige Richtung presste oder ob ich schon geplatzte Äderchen in den Augen hatte (hatte ich übrigens nicht, wie sich später herausstellte). Dafür hatte ich einen zünftigen Krampf im linken Oberschenkel. Ich weiss nicht, ob mein Körper schon jemals so eine Kraft entwickelt hatte. Die Ärztin massierte mein Bein in der Wehenpause, die recht kurz war. So was um 30 Sekunden. Und weiter gings. Luftholen und pressen. Nach der dritten Presswehe erkundigte ich mich vorsichtig, ob sich denn überhaupt was bewegt. "Na klar, ich kann das Köpfchen schon sehen. Ganz dunkle Haare. Wollen Sie einen Spiegel oder mal fühlen?" Das hab ich aber dankend abgelehnt, denn die nächste Wehe war schon im Anmarsch. Jetzt kippte mir die Hebamme einen Schwall Öl über den Damm, damit der elastisch würde, aber die Ärztin war wohl der Ansicht, dass da eine große Schere bessere Dienste täte. Die beiden sahen sich an und auf dem Höhepunkt der Wehe gab es ein seltsam schnippelndes Geräusch. Ich spürte den Schnitt nicht, bekam es aber dennoch mit. Na egal. Das Blut lief und ich hoffte inständig, dass es jetzt bald vorbei wäre. In meinem Bauch war mächtig was los. Jasmin strampelte, die Beine noch in der Gebärmutter, und versuchte sich abzudrücken. Ihre Herzfrequenz war bei 180 pro Minute und sie hatte einem ganz schönen Druck von etwa einem Zentner standzuhalten. "So, jetzt noch mal kräftig, dann haben Sie es geschafft!" hörte ich die Hebamme sagen. Na gut. Die fünfte und letzte Presswehe kam und beim ersten Drücken kam zuerst der Kopf und gleich darauf die restliche Jasmin haus mir herausgeschlüpft. Was für ein Gefühl!


7.40 Uhr.
Die Hebamme klemmte die Nabelschnur ab und gab Thorsten die Schere zum Durchschneiden. Schnipp! Das wars, kleine Maus, jetzt lebst Du selber. Ich hörte einen noch etwas verhaltenen Schrei, dann bekam ich sie in ein Handtuch gewickelt auf den Bauch gelegt. Unbeschreiblich. Die Hebamme gab mir eine Spritze in den Oberarm, damit sich die Gebärmutter schneller zusammenziehen würde, die Ärztin betäubte meinen Damm, nähte ihn und ich hatte nur Augen für Jasmin. Thorsten weinte und wir umarmten uns. Alle drei. Ich war zu keiner Gefühlsregung fähig, war einfach ausgepumpt und leer. Mein Bauch war seltsam weich und zusammengefallen. Jasmin blinzelte in die Welt und quäkte ein wenig vor sich hin. 




"Sie können duschen gehen!" hörte ich die Ärztin plötzlich sagen und hatte kaum etwas mitbekommen. Thorsten nahm mir die Kleine ab und brachte sie zum Wickeltisch. 3170 g, 53 cm und 32 cm Kopfumfang. 
Ich stand auf, noch wacklig in den Knien und ein paar Kilo leichter, so ohne Bauch, also äußerst komisch. Ich nahm meine Sachen und duschte im Rekordtempo. Welch ein seltsames Gefühl, so alleine und leer. Ich sah zu, dass ich wieder zu meiner Familie kam. Thorsten war bereits dabei, Jasmin anzuziehen. Als sie fertig war durft sie zuerst an meine Brust. Na, das klappte noch nicht so besonders, aber wir mussten es eben beide noch lernen. Sie schien trotzdem recht zufrieden zu sein und kuschelte sich in meine Arme.




Ich hatte plötzlich mächtigen Hunger und vor allem Durst. Thorsten organisierte mir ein Frühstückstablett und ich genoss ein Marmeladenbrötchen mit einer Tasse Kaffee. Guuut! Und das wars eigentlich! Wir packten Jasmin warm ein, verabschiedeten uns von der Hebamme, die nun auch endlich Feierabend hatte, und verliessen durch dieselben Gänge, die wir nachts mehrfach durchwandelt hatten, das nun belebte Krankenhaus. Es hatte aufgehört zu regnen und die Sonne schien!






geschrieben in der Woche nach dem 5.5.94 mit vielen Freudentränen, die einfach raus mussten






Die letzten Meter! - 29.4.1994

So langsam gehts in die heiße Phase. Mein Bauch ist so dick, dass ich meine Füße nur noch selten sehe. Der Rücken schmerzt. Schlafen ist nur noch in einer ausgeklügelten Position möglich, bei der ich auf der Seite liege, ein Kissen zwischen den Knien und eines unter dem Bauch. Alle 2-3 Stunden Pipi machen, ab und zu tritt mir jemand innerlich auf die Blase oder steckt mir einen Fuss zwischen meine Rippen. Beim aus-der Wanne-Steigen nach dem Baden erinnere ich an Antje, das Fernsehwalroß und fühle mich auch so. Die Schwangerschaftsgymnastik ist mittlerweile zu einer artistischen Leistung geworden. In der Bauchlage stehen die Beine am Ende nahezu einen halben Meter vom Boden ab. Schwangerschaftsstreifen sind in rauen Mengen vorhanden. Statt teure Cremes zu kaufen, waren wir mal gut essen, wie mein Frauenarzt uns geraten hatte. Die gute alte NIVEA-Creme sei genauso wirkungsvoll wie teure Cremes. Kann sein - kann auch nicht sein. Ich gehe von nun an jedenfalls im Zebra-Look. Die Stillvorbereitung ist abgeschlossen. Und zwar schon lange ;) Die Tips gehen vom Einreiben der Brustwarzen mit Johanniskrautöl (harmlos) über Löcher im BH, damit die Nippel an der Kleidung reiben (erfüllt auch noch andere Zwecke) bis hin zum Bürsten mit einer Zahnbürste (man kanns auch übertreiben). Es wird schon werden!

Angst vor der Geburt und freudige Erwartung mischen sich zu einem Gefühl, was im Bauch kribbelt. Am 28.4.1994 hab ich einen echten Vorgeburtskoller. Tränen, Traurigkeit und Angst. Und die Hoffnung, das es bald so weit ist. Und als das alles mal draußen ist, hab ich das Gefühl, jetzt kanns losgehen. Daraufhin mache ich beim Gummitwist auf einem Geburtstag mit. Am nächsten Tag eine kleine Radtour ins nächste Dorf zum Eisessen. Der Klinikkoffer wird noch mal neu gepackt, das Bettchen bezogen, alles ist bereit. Und eines Tages, vielmehr - eines Nachts...

CTGs (Cardio-Toco-Graphen)...

... auch Herzton-Wehen-Schreiber genannt, sind Geräte, mit denen sowohl die Herztöne des Kindes als auch die Wehen der Mutter aufgezeichnet werden können. Der Frauenarzt begann bei mir in der 31.SSW damit. Bequem hinsetzen, Zeitung nicht vergessen, Ultraschallsensor und Wehenfühler montiert und die Uhr auf 30 Minuten gestellt. Kein Problem. Ein leises, gleichmäßiges Poch-Poch zeugte vom Wohlbefinden meines Babys. Wehen waren bis dato nicht vorhanden. In der 34. Woche war wieder ein CTG-Termin angesetzt; bequem hinsetzen, Zeitung nicht vergessen, Ultraschallsensor montieren, --- aber da war nichts. Nicht das vertraute Poch-Poch auf das ich wartete. Die Sprechstundenhilfe schob den Knopf über meinen Bauch, mehr Gleitmittel, sucht und lauschte. Nix! Mir wurde heiß und kalt. Sie drehte und schaltete am Gerät herum, doch noch immer war nichts zu hören. Ein hilfloses Grinsen ihrerseits. "Na, wo ist es denn?" Nach einigen Sekunden, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, rief sie den Arzt. Mir war mittlerweile alles in die Hose gerutscht. Ich schickte mehrere Stoßgebete gen Himmel, dass es meinem Baby gut gehen möge. Der Arzt rückte und drückte fachmännisch an meinem Bauch herum und erfühlte, wie das Kleine lag. Er setze wieder das Mikro an und - siehe da - Poch-Poch - da war's. Puuh, so ein Schreck!

Geburtsvorbereitung

Diese fand in dem Krankenhaus statt, in dem ich auch entbinden wollte. Und zwar in einem Raum, in dem viele Matten und Decken lagen. Eine Menge werdender Mamis mit mehr oder weniger dicken Bäuchen traf sich dort. Die meisten waren zum ersten Mal schwanger. Und hatten natürlich, wie ich, keinen blassen Schimmer, wie eine Wehe, geschweige denn eine Geburt sich anfühlt. Das große Mysterium stand mitten im Raum. Alles drehte sich darum. Aber auch die Mamis, die's schon mal hinter sich hatten, konnten sich nicht mehr recht erinnern, wie sie das empfunden hatten. Es tat weh. So weit war man sich einig. Ein bisschen oder ziemlich sau-weh. Da gingen die Meinungen doch stark auseinander. Und fragte man sie nach Einzelheiten, wurde es völlig chaotisch. Bei jeder Frau war es irgendwie anders verlaufen. Es schien, als gäbe es in diesem Bereich keine Gesetzmäßigkeit. Doch - ein gemeinsamer Nenner konnte gefunden werden. Alles sei hinterher sofort vergessen oder doch zumindest zweitrangig. Nun denn, wir wollten es abwarten. In den ersten Stunden waren wir Frauen ohne Partner gekommen. Wir erfuhren von den Hebammen, wie eine "normale" Geburt aussah, wie man den Damm auf die Geburt und die Brust aufs Stillen vorbereiten sollte, welche Ernährung angebracht sei, wie die Möglichkeiten der Schmerzlinderung aussähen und so fort. Dann wurde richtiges Atmen und Entspannen geübt. Beim Atmen schnauften wir wie die Dampfloks und hielten das für ein übertriebenes Späßchen. Ich hätte nicht gedacht, dass das in der Praxis so aussehen würde. In den späteren Stunden waren auch unsere Partner anwesend. Mit ihnen zusammen übten wir Massagetechniken, Hechelatmung und das Pressen. Diffuse und konfuse Erklärungen über den Charakter einer Presswehe wuselten durch den Raum. Die Hebamme erklärte sie als 'kräftige Wehe mit Druck auf den After' - nachher wußte ich was sie meinte: das Gefühl, eine Melone kacken zu müssen trifft es eher! Auf jeden Fall wurde geübt. Luft holen, Kinn auf die Brust, Rücken rund - und pressen. Wir sollten allerdings nur ganz leicht in den Bauch pressen. Eine presste wohl ein bisschen zu arg. Sie stiess einen erschrockenen Laut aus und saß plötzlich in einer Wasserlache. Kommentar der Hebamme: "Ihre Fruchtblase ist gerade geplatzt. Haben Sie Ihren Koffer dabei?" Die Frau nickte und wurde ein bisschen panisch. Ihr Mann düste auch schon los und holte den Koffer aus dem Auto. Bis der wiederkam, stand eine fahrbare Trage bereit, mit der sie in den Kreisssaal geschuckelt wurde. So, da konnte es ja losgehen. Wir anderen waren teils ein wenig neidisch, teils aber auch froh, noch eine Gnadenfrist zu haben.

Ich genoss diese Abende sehr. Die Fahrten dorthin, in der Abendsonne, immer mit der Vorfreude auf unser Baby im Bauch. Ich fühlte mich einfach zufrieden und wohl. 

Dienstag, 31. Januar 2012

Umstandsmoden

Die Mode dieser Zeit kam mir natürlich entgegen. Leggings und weite Sweatshirts, doch mitten im Winter reicht eine Leggings nicht ganz aus, also ab in den Mami & Baby-Laden "Eine Jeans, soso, welche größe tragen Sie denn normalerweise?" "42!" "Mhm, da hätten wir hier etwas. Ganz ohne Knöpfe, nur mit Gummizug. Der Gummi ist verstellbar bis Bauchumfang 115 cm." Ich verschwand in der Kabine und warf mich in diese Hose. Um Gottes Willen! Da passte ich mindestens 2 mal rein (Zeitpunkt 5. Monat). "Ehm, meinen Sie nicht, dass die ein bisschen groß ist?" "Nein, auf keinen Fall, das brauchen Sie schon. Bedenken Sie, Sie haben noch ein paar Monate vor sich!" Na gut, sie musste es ja wissen. Ich nahm die Hose. Aber gesetzt den Fall, sie hätte tatsächlich recht, konnte ich mich ja noch auf einiges gefasst machen. Bauchumfang 115 cm! Mahlzeit! Im 7. Monat musste ich den Gummi schon um zwei Knopflöcher weiter stellen. Im 8. um weitere zwei. Viele waren nicht mehr übrig. Und im 10. Monat passte mir die Hose richtig, d.h. es war in der sackförmigen Ausbuchtung an der Vorderseite meiner Hose kein Zentimeter Platz mehr übrig. Alles voller Bauch. Man kann sich also vorstellen, wie variabel meine Garderobe noch war. Zu Hause schuffelte ich in der Regel in Radlerhosen (unter dem Bauch getragen) und ausgeleierten T-Shirts herum. Und vor einem echten Problem stand ich, als wir im Frühjahr auf eine Hochzeit eingeladen waren. Es war recht warm draussen. Meine schicksten Sachen, die mir passten, waren oben beschriebene Winterjeans und ein grauer, langer, dicker, weiter Rollkragenpulli mit einem Bärchen auf Nabelhöhe. Abgesehen davon, dass das noch nicht mal besonders schick war, wurde mir im Laufe des Abends ziemlich warm. Aber was tut man nicht alles....

Kindsbewegungen

War das jetzt was? Oder war das nur Magengrummeln? Ich glaub es hat sich bewegt. Ich spür was! Oder war das Einbildung?


Oh Mann, ich konnte mir lange nicht vorstellen wie das sein würde, wenn jemand von innen gegen mich tritt. Meine Vorderwandplazenta trug auch nicht gerade dazu bei, dass die Klopfzeichen meines Babys zu mir nach aussen dringen konnten. Mein Bauch war schon deutlich gerundet, als ich mir endlich Ende des 5. Monats sicher war. Ich lag auf dem Bett in unserem Wochenendhaus und hielt die allabendliche Zwiesprache mit meinem Kind, als plötzlich eine kleine Hand oder ein kleiner Fuss kräftig gegen meine Gebärmutterwand boxte. Deutlich spürbar und vor allem deutlich sichtbar. Ich konnte es nicht fassen. Da lebte etwas in mir, von mir, mit mir. Es war ein eigenständiges kleines Lebewesen, welches mir Zeichen gab. Und es blieb nicht bei einem kleinen Schubs am Abend. Mein Mann und mein Schwager mussten sich das natürlich sofort ansehen, und so lagen wir bald eine halbe Stunde auf dem Bett und beobachteten meinen Bauch, in dem sich einiges tat. Ich versuchte, mit meiner Hand Kontakt zum Baby aufzunehmen. Immer und immerwieder wollte ich dieses Gefühl, diese Bewegungen spüren, die nur für mich waren. Noch früh genug würde der Rest der Welt Einfluss auf dieses kleine Leben in mir haben. Ich weiss nicht wie oft ich in den verbleibenden fünf Monaten bis zur Geburt diese Püffe, Knuffe und Tritte gespürt habe, ich weiss nur, dass ich es nie müde wurde, hinzuspüren und zu geniessen. Noch in der Nacht der Geburt erlebte ich diese Bewegungen als angenehm, zeigten sie mir doch, dass unser kleines Mädchen tatkräftig mithalf auf die Welt zu kommen. Einzige kleine Ausnahme: Tritte gegen meine volle Blase. Es kam doch hin und wieder vor, dass die Beckenbodenmuskulatur diesem Druck nicht standhielt und ein paar Tröpfchen Pipi in die Slipeinlage tropften.

MEIN KIND

Es war schon ein komisches,
völlig neues, unbekanntes Gefühl,
zu wissen, dass DU jetzt da bist.
Winzig, erst wenige Millimeter groß, 
nur ein paar Gramm schwer,
und doch hast DU vieles in mir ausgelöst!
Ein seltsames Gefühl der Verantwortung 
machte sich breit,
obwohl sich objektiv noch nicht
viel verändert hatte.
Zuerst nur ein roter Punkt auf dem Teststäbchen
und vier weiche Knie während einer Umarmung!
Dann ein erstes Bild, auf dem wohl nur
die Eltern DICH erkennen können;
für andere sieht es wohl eher nach einem
Satellitenfoto 
einer Mondlandschaft aus.
Alle fragen nach DIR, 
wollen meinen Bauch streicheln,
obwohl man anfangs noch keine Veränderung
feststellen kann.
Jetzt, nach 15 Wochen,
die wir nun schon zusammen sind,
tut sich dann doch einiges.
Ich merke, wenn DU am Wachsen bist
DU merkst, wenn ich schlecht drauf bin...
Und seit heute bin ich mir fast sicher,
DICH in meinem Bauch gespürt zu haben,
ganz weich und zart,
leicht zu verwechseln mit
einem Grummeln im Magen,
noch ohne Nachdruck und doch da!
Es ist nicht mal mehr ein halbes Jahr hin,
bis DU auf diese Welt kommen sollst.
Ob ich bis dahin eine Mam werde?
Oft frage ich mich, wie ich der neuen Situation gewachsen bin.
Ob DU mit mir zufrieden sein wirst.
Ob ich das alles schaffen werde.
Bin ich nicht selbst noch ein Kind?

Laß uns zusammenhalten, ja?

Alles Liebe für Dein Leben,

Mami

DIe Übelkeit ...

Nach einigen Tagen stellte sich regelmäßig nachmittags ein seltsames Völlegefühl ein. Wie nach einem guten Weihnachtsbraten mit Knödeln und Rosenkohl und Nachtisch. Ich musste mich zwar nicht übergeben, aber lästig war es schon. Von vielen gewordenen Mamis hatte ich gehört, dass diese Übelkeit zu den schlimmsten Erinnerungen ihrer Schwangerschaft gehörte. So schlimm fand ich's ja dann nicht und wunderte mich ein wenig über diese Frauen, bis ich dann eines Morgens aufstand, mir von einer Sekunde zur anderen brechschlecht im Bauch wurde und ich es fast nicht mehr bis zum Klo gepackt hätte. Das war etwa in der 11. Schwangerschaftswoche. Von nun an zog sich das bis Ende 5. Monat, also 9 Wochen. Ich befolte alle Regeln. Vor dem Aufstehen etwas essen, nach dem Aufwachen noch 10 Minuten liegen bleiben, nach dem Aufstehen gleich ein Glas Wasser trinken, abend nicht mehr so spät essen, auf der Seite schlafen, -...! Alles umsonst. Sobald ich einen Fuss aus dem Bett gesetzt hatte, überkam's mich. Was bleibt einem da übrig, als sich damit abzufinden. Ich fand mich also gezwungenermaßen damit ab und war richtig verdutzt, als ich eines Morgens aufstand und - es mir richtig gut ging...

Feststellen der Schwangerschaft 13.9.1993

Nach einem langen Abend mit vielen Gästen und unzähligen Mutmaßungen über meine vermeintliche Schwangerschaft zogen wir doch einen Schwangerschaftstest in Erwägung. Dazu kam das üble Ziehen in meinen Brüsten, welches ich bis dahin als Vorzeichen meiner Periode deutete. Na gut, kaufen wir so'n Ding. DM 24,50! Für ein bisschen Plastik mit einem Indikatorpapierchen drin. Feierliches Pipimachen am Montag Vormittag. Jetzt sollte der Test vier lange Minuten stehen. Wir wollten eigentlich so lange nicht hinschauen, aber nach knapp 30 Sekunden wars vorbei mit der Geduld. Die halbe Minute hatte aber schon gereicht, um zwei deutliche rote Punkte sichtbar zu machen. Plötzlich zitterten vier Knie und wir fielen uns um den Hals. Unglaublich. Ich und schwanger! Nicht zu fassen. Wir machten uns umgehend auf den Weg um allen Bescheid zu sagen, die es was anging. Niemand der sich nicht riesig freute. So also der Beginn einer wunderschönen Zeit. Erst mal war ich mächtig stolz. Und dann kam noch so ein mulmiges Gefühl hinzu. Heiraten, Hausfrau und Mama, Verantwortung, Kindererziehung, Abschied von der eigenen Kindheit. Und plötzlich überfiel mich eine alte Angst hinterrücks, an die ich noch gar nicht gedacht hatte. Blutabnehmen gehörte doch meines Wissens nach zu jeder Vorsorgeuntersuchung. Ein Kind zu bekommen konnte bestimmt nicht schlimmer sein als eine Blutabnahme! Aber motiviert von meinem neuen Verantwortungsbewusstsein griff ich sofort zum Telefonhörer (eines Gerätes was mit einer Schnur im Flur fest installiert war ;)  ) und holte mir einen Termin bei meinem Frauenarzt. Schon am nächsten Tag sollte ich kommen. Keine Zeit mehr sich großartig aufzuregen. Der Doc machte zuerst noch mal einen Schwangerschaftstest, der natürlich ebenfalls positiv war. Dann wurde der Termin errechnet. 16.5.1994. Und dann wurde ich ins Labor geschickt. Bibber. Doch die Laborfrau machte das tatsächlich so geschickt, dass ich fast nichts spürte. Danach wurde ich noch gewogen und zum Ultraschall beordert. Auf dem Bildschirm war doch bereits deutlich die Keimanlage und die Fruchthöhle zu sehen. Wir bekamen das Bild ausgedruckt und konnten das von nun an jedem zeigen. Wir waren ganz schön stolz. Die ersten Tage und Nächte waren ganz schön spannend. Wir erwarteten jede Veränderung mit Sehnsucht. 9 Monate sind lang. Die erste Veränderung war die, dass mir ständig übel war...
Mit Liebe für drei ... meine ich nicht, drei eigene Kinder zu lieben. Ich meine damit, über den Streß und die Freude und die neue Verantwortung nicht die Liebe und Zuneigung zum Partner und die Liebe und Nähe zu sich selbst zu vergessen. Nachdem jasmin etwa 4 Monate alt und der Alltag im gewissen Sinn wieder eingekehrt war, fiel mir auf, dass mein Mann und ich, natürlich auch aufgrund der Tatsache, dass wir nur noch selten alleine gemeinsam ausgehen konnten, hauptsächlich nur noch Eltern waren. Die Partnerschaft war in den Hintergrund gerückt, funktionierte zwar, was die Versorgung des Babys und des Haushalts anging, war aber ansonsten auf ein Minimum reduziert. Dazu kamen kurze Nächte, Blähungen und die Tatsache, dass ich Jasmin voll stillte. Wir konnten Jasmin deshalb auch nicht lange bei ihren Großeltern lassen, weil nie vorherzusagen war, wann sie wieder Hunger bekam. Die Stillerei stillte auch meine Lust auf sexuelle Berührungen, was sich natürlich in der Beziehung auswirkte. Dazu kam noch, dass wir beide oft so müde waren, dass wir einfach nur noch in Bett fielen und schliefen.
Natürlich gibt sich all das, sobald die kleinen Mäuschen größer werden, aber sollte man so lange warten, bis man sich wieder auf sich besinnt?
Uns war es wichtig, ab und zu ganz für uns zu sein. Ohne darauf hören zu müssen, ob das Baby weint; laut Musik hören zu dürfen, ohne die Angst, das Baby könnte einen Gehörschaden erleiden, oder einfach mal nichts zu tun. Ebenso wichtig ist es für uns beide, von Zeit zu Zeit ganz alleine zu sein. Jeder für sich. Für mich ist es das Größte, zu malen, zu schreiben, oder Gitarre zu spielen. Eine Tasse Kaffee und ein paar Kekse dazu. Ich muss einfach Dinge, die in mir sind, auf irgendeine Art und Weise nach aussen bringen. Oft nur, um mein gedankliches Chaos zu entwirren. Und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, all diese hochgeistigen Ergüsse in einem kleinen Büchlein [respektive Blog] zusammenzufassen. Viel Spaß und Entspannung beim Lesen...


(Anmerkung... damals 24 Jahre, Medizinstudentin, Studium bis auf Weiteres auf Eis gelegt)